Vogelhochzeit

Die alljährlich am 25. Januar gefeierte Vogelhochzeit ist ein Kinderfest, dessen Brauchtum in Deutschland vor allem von dem in der Lausitz lebenden Volksstamm der Sorben gepflegt wird. Außer in Deutschland gibt es ähnliche Vogelhochzeits-Bräuche aber auch in Slowenien, als „Lostag“ in Österreich sowie in anderen Regionen Europas.

 

Die Vogelhochzeit geht auf heidnische Mythologie-Vorstellungen zurück, nach denen bei Naturgottheiten und mit ihnen verbundenen Ahnen mit Speiseopfern um Milde und Unterstützung gebeten wurde. Diese Vorstellungen kehrten sich seit der Christianisierung um und sahen schließlich die Vögel, denen die Menschen aus karitativer Mildtätigkeit durch die Winterfütterung beim Überleben geholfen hatten, in einer gewissen Bringschuld, sich dankbar zu erweisen. Anknüpfend an die Beobachtung, dass in milden Januarmonaten einige Vogelarten bereits anfangen, Nester zu bauen, wurde dieses Verhalten als „Vogelhochzeitmachen“ vermenschlicht. Damit wurde die bildhafte Auffassung von einer regelrechten Hochzeitsfeier der Vögel verbunden. Nach sorbischer Tradition können die Kinder am 25. Januar erwarten oder doch zumindest erhoffen, dass die Vögel einen Teil ihrer Festtafel-Leckereien als Dankeschön an die Kinder abgeben.

 

Strasse der Ehe

 Bilderquelle – Martin Berk / pixelio.de

 

In dieser Hoffnung stellen sorbische Jungen und Mädchen am Abend des 24. Januars Teller vor die Tür oder in die Fenster. Die Teller sind dann auch regelmäßig tatsächlich mit in Form von Vögeln Teig gebackenen Zuckerguss-Kuchen (Sroki), klebrig-leckeren Baiser-Vögel (Schmätzl) und anderen Süßigkeiten gefüllt sind. Wer allerdings versucht, die Vögel heimlich bei ihrer nächtlichen Schenkaktion zu beobachten, läuft Gefahr, leer auszugehen.

 

Während sich an diesem Tag im Bautzener Raum, also in der Oberlausitz, ein Kinderfest (Ptaci kwas) in Familienkreis anschließt, wird die Vogelhochzeit in der benachbarten Niederlausitz, also in der Region Spreewald und Cottbus, als Fest Ptaskowa swajzba vor allem von den Kindergärten und Schulen mit Umzügen und Tanz zelebriert. Zentrales Element dieses Festes ist das Verkleiden der Kinder als Hochzeitsgesellschaft. Dabei wird die Hochzeit mit Braut Elster (Sroka), Bräutigam Rabe (Wron), Paten und Hochzeitsbitter (Braschka) sowie vielen bunten Feiergästen liebevoll nachgestellt. Manchmal werden dabei auch Amseln und Krähen oder andere Vögel miteinander vermählt. Mit der den Frühling begrüßenden Vogelhochzeit beginnt der Reigen der traditionellen, sich über das ganze Jahr hinziehenden Trachtenumzüge der Sorben.

 

Oft schließen sich dem Kinderfest abendliche Feierveranstaltungen („Abendvogelhochzeit“) der Erwachsenen, häufig mit kabarettistisch-politischen Einlagen und Tanz, an. Zur Vogelhochzeit gehört auch das aus dem Mittelalter stammende Volkslied „Ein Vogel wollte Hochzeit machen“, dessen Ursprung allerdings wahrscheinlich nicht im Zusammenhang mit der sorbischen Vogelhochzeit stand.